Cold Reading

Version vom 7. April 2018, 15:59 Uhr von Wittus (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „'''Cold Reading''' („kalte Deutung“, auch ''sensory leakage'') ist ursprünglich der von Zauberkünstlern verwendete Fachausdruck für verschiedene Technik…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Cold Reading („kalte Deutung“, auch sensory leakage) ist ursprünglich der von Zauberkünstlern verwendete Fachausdruck für verschiedene Techniken, in Interview-artigen Situationen ohne wirkliches Wissen über den Gesprächspartner bei diesem den Eindruck eines vorhandenen Wissens zu erwecken. In neuerer Zeit wird der Begriff auch für entsprechende Praktiken bei Wahrsagern und anderen „Lebensberatern“ sowie in Vernehmungen oder bei Verkaufsgesprächen gebraucht, wobei unklar ist, inwiefern die Ausübenden diese Techniken bewusst einsetzen oder an den Besitz besonderer Fähigkeiten glauben.

Ansätze

Zum Cold Reading zählen verschiedene praktische Ansätze, darunter:

Verwendung von Allgemeinplätzen

Durch die Verwendung von allgemeinen Floskeln (Formula bzw. Stock Reading), die viele für sich als wahr empfinden, da Menschen im Allgemeinen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede haben. Meist werden überwiegend positive Formulierungen verwendet (Selbstwerterhaltung), in geringerem Maße (etwa 15 %) auch negative, um die Glaubwürdigkeit zu sichern.

Angebot einer großen Zahl an Optionen

Werden ausreichend allgemeine Optionen angeboten und der betroffene Kreis nicht eingeschränkt, ist statistisch das Zutreffen sehr wahrscheinlich (siehe Barnum-Effekt). Experimente zeigen, dass jene, die an die Fähigkeiten des vermeintlichen Gedankenlesers glauben, überdies dazu neigen, lediglich die zutreffenden Aussagen zu erinnern und die Anzahl der Fehler dramatisch zu unterschätzen.

Differenzierung und Kategorienbildung

Durch offene Merkmale wie Alter, Geschlecht, Kleidung, Frisur, nonverbale Kommunikation und Sprechweise gibt der Gesprächspartner bereits viele Informationen über sich preis, welche eine Kategorisierung ermöglichen. Auf dieser Grundlage kann die Trefferwahrscheinlichkeit durch statistisches Wissen erhöht werden.

Feedback

Durch Beobachtung des Gesprächspartners sowie seiner Antworten und entsprechende Anpassung des weiteren Gesprächsverlaufs lassen sich auf diese Weise viele Informationen erhalten, auf deren Grundlage scheinbar überraschend zutreffende Aussagen möglich sind. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei die positive Erwartungshaltung des Interviewpartners.

Der verwandte Begriff des Hot Readings beschreibt die Technik, sich Informationen über einen Gesprächspartner bereits vor dem Gespräch zu beschaffen, um dadurch den Eindruck zu erwecken, auf übernatürlichem Wege Wissen erlangen zu können. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist der deutsch-amerikanische Fernsehprediger Peter Popoff, der sich von seiner Frau heimlich per Funk Informationen über seine Zuhörer geben ließ, die diese zuvor in Form schriftlicher Gebete preisgegeben hatten.

Literatur

  • Ray Hyman: Cold Reading. In: Skeptiker – Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken. 2007, S. 4–12.
  • Günter Molz: Die psychologische Analyse des „Cold Reading“ durch Ray Hyman – 30 Jahre danach. In: Skeptiker - Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken. 2007, S. 13–15.
  • Denis L. Dutton: The cold reading technique. In: Experientia. 44, 1988, S. 326–332 (Internet)
  • R. Wiseman, R. L. Morris: Guidelines for testing psychic claimants. Prometheus Books, 1995.


Der Artikel „Cold Reading“ basiert auf dem gleichnamigen Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia.
Die Seite ist über diesen Link aufrufbar: Cold Reading.