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Varieté: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. Januar 2024, 12:04 Uhr

Wikipedia-logo.pngDieser Artikel basiert auf dem Eintrag von Varieté in der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.


Varieté oder Varietee bzw. Varietétheater (nach französische Sprache|franz. théâtre de variétés, aus: théâtre (Theater) und variété (Abwechslung, bunte Vielfalt) < lat. varietas = Varietät) ist eine Bühne mit bunt wechselndem, unterhaltendem Programm für artistische, tänzerische, akrobatische und musikalische Vorstellung. Ein Varietéprogramm besteht aus einer kleineren oder größeren Anzahl von Darbietungen, die für die gemeinsame Veranstaltung mosaikartig zusammengesetzt werden, wobei jede für sich eine künstlerisch geschlossene Einheit mit Anfang und Ende bildet. Im französischen und britischen Sprachgebiet sagte man zu diesen Veranstaltungen Music Hall, im US-amerikanischen hießen sie zumeist Vaudeville.

Eine Variante des Varietés ohne artistische und akrobatische Vorführungen war die Singspielhalle, die vor allem in Wien populär war. Aus dieser im Gesangs-, Schauspiel- und Komikbereich angesiedelten Einrichtung heraus entstand das Geschichte des Kabaretts in Österreich|österreichische Kabarett.

Definition

Das Varieté ist mit dem Theater und dem Zirkus verwandt, ohne mit einem von beiden identisch zu sein. Im Gegensatz zum Theater bedarf es keiner organisierten dramatischen Handlung und außer der Bühne haben die beiden Formen wenig miteinander gemein. Es liegt mit dem Grundprinzip „Einheit der Vielfalt“ dem Zirkus näher. Dieser fügt gleichfalls Darbietungen, die sich in Form, Inhalt und Charakter unterscheiden zu einem sinnvollen Ganzen zusammen. Diese beiden Formen unterscheidet, neben der Spielfläche auch der Charakter der ausgewählten Einzeldarbietungen, die im Zirkus zunächst primär mit dem Pferd in Verbindung standen, beim Varieté jedoch auf Unterhaltung und Geselligkeit ausgelegt waren. Des Weiteren unterscheidet es sich klar von Theater und Zirkus durch die Verbindung mit der Gastronomie, die jahrzehntelang bestimmend war. In ihr ist einer der Ursprünge des Varietés zu suchen und auch heute noch in der kleineren Form des Kabaretts und von Nachtclubs zu finden.

Geschichte

Pariser Varieté

Bereits die ersten Varietés, die im 19. Jahrhundert aus öffentlichen Tanzsälen hervorgegangen sind, präsentierten Einzeldarbietungen (wegen der laufenden Nummer im Programmheft „Nummer“ genannt) mit Künstlern wie Kraftmenschen, Zauberkünstler, Löwenbändigern, Akrobaten, mit Groteskenpantomimen, Elefantendressuren, Abnormitätenschauen und Ringkämpfen. Vor allem in Pariser Varietés, einer Welt der kurzen Röcke und der langen Beine, fanden sich in den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts auch die Anfänge des professionellen Ausziehens als eine Varieté-Nummer. Deren Erfolgsgeheimnis bestand im Cancan, der bis heute als das Markenzeichen des Moulin Rouge, des Lido oder der Folies Bergère gilt. In den Café conc´ war dieser Tanz die sexuelle Sensation schlechthin, mit dem die Wäscherinnen ihr bescheidenes Honorar aufbesserten, indem sie ihre Rüschenunterhosen weg ließen.

Mit der Eröffnung des Moulin Rouge avancierte Paris zur erotischen Hauptstadt Europas, und die Tanzlokale, wo die Frauen bisher zu ihrem eigenen Vergnügen den Cancan getanzt hatten, wurden nicht nur zum Kunstgenuss von ganz Paris, sondern sollten für die nächsten fünfzig Jahre weltweit die Entwicklung des erotischen Tanzes bestimmen. In den lasziven und erotischen Zügen der Programme drückt sich ein wichtiges Kennzeichen dieser Periode aus, der „Kampf um die Nacktheit“, denn die Direktoren der neuen Varietétheater waren sich der unwiderstehlichen Anziehungskraft des unbedeckten oder nur leicht verhüllten Körpers wohl bewusst. Anfangs wurden die Nackttänze in den Cafés conc´ von Prostituierten aufgeführt, die auf diese Weise Freier auf sich aufmerksam machen wollten. Die Prostitution nahm Ende des 19. Jahrhunderts zu, die Zahl der registrierten Bordelle in Paris vervielfachte sich. Der Strom internationaler Besucher der Weltausstellung Paris 1889|Weltausstellung 1889 in Paris trug noch zur Zunahme des Handels mit Sex bei. Varietés versuchten also damit den Café conc´ den Rang abzulaufen. Doch zu Beginn stand ihnen die Gesetzgebung im Wege.


Auch in den Vereinigte Staaten|USA waren entsprechende Aufführungen in Saloons und Tanzhallen Bestandteile der lokalen Rotlichtviertel, die noch um 1900 etwa in Butte (Montana) der gesellschaftliche Mittelpunkt damals aufstrebender Städte im ehemals Wilden Westen darstellten. Erst mit der Prohibition und einer zunehmenden Prüderie wurde die damals zum Variete gehörige Prostitution erschwert und abgetrennt. Ein Showgirl oder Vedette (Südamerika) ist eine Tänzerin oder Unterhaltungskünstlerin, bei denen die Darstellung körperlicher Attribute und Schönheit in Vordergrund stehen. Sie treten auch oben ohne oder nackt auf. Der Begriff wird auch für Models benutzt, die für die Werbung auf Messe (Wirtschaft)|Messen eingesetzt werden.

Mitte der Zwanziger Jahre kam ein neuer Typ von Darstellerin auf – das Revuegirl, das sang und tanzte, ausgestattet mit Glitzerschmuck, Federboa, langen Handschuhen, Netzstrümpfen, High Heels, Goldhöschen, Strapsen und Roben. Eine Revue zeichnete sich durch eine Reihe von Szenen aus, in denen sich schöne Frauen, umrahmt von einer prächtigen Bühnenausstattung, zur Schau stellten. Das (halb)nackte Revuegirl wandte sich selten direkt an sein Publikum, es war malerischer Teil der Dekoration, die die Schönheit des Mädchens noch unterstrich. Die Revuegirls waren somit ästhetische Objekte, die man bewundern konnte. Als eines der signifikanten Merkmale der Varieté-Revuen gilt die Treppe als zentrales Bühnenelement, die im Casino de Paris erfunden worden war. Von dieser Bühnentreppe schritten die stets exotisch kostümierten Girls im Gleichschritt hinab und ihnen folgte, im Mittelpunkt des Abends stehend, der Star. Hier wurde der Grundstein gelegt für die folgenden, an Verschwendungslust und Luxus kaum noch zu übertreffenden Revuen. Immer mehr Glanz und Glamour erschienen auf der Bühne, immer mehr Tänzerinnen, die oft bis zu dreimal in der Show ihre Kostüme wechselten. Doch nicht nur die Erotik allein zählte, sondern vor allen Dingen die mit der Technikbegeisterung einhergehende Gigantomanie. Der schnelle Bühnenwechsel wurde im Vaudeville perfektioniert und die Bedeutung des „Handlung (Erzählkunst)|Plots“ reduziert. Das Genre des Revue-Varieté haben US-Amerikaner mit den Mega-Shows in Las Vegas und in den Music Halls des Broadway (Theater)|Broadways in Manhattan perfektioniert.

USA

In den USA gehörten varieteartige Showgirls und Tanzaufführungen in Saloons und Tanzhallen zu den lokalen Rotlichtvierteln, die bis um 1900 etwa wie die Venus Alley in Butte (Montana) – oft der gesellschaftliche Mittelpunkt der neuentstandenen Städte im Westen waren. Showgirls (1995) und Schwere Jungs – leichte Mädchen sind wie Gold Diggers (1923), Gold Diggers of Broadway (1929), Gold Diggers of 1933, Die Goldgräber von 1935, Gold Diggers of 1937, Gold Diggers in Paris (1938) sowie The Golddiggers in der Dean Martin-Show ab 1968 Beispiele einer Vielzahl von entsprechenden Film- und Musiktheaterproduktionen. Erst mit der Prohibition und einer zunehmenden Prüderie wurde die Prostitution erschwert. Erst 1951 wurde sowohl in Reno (Nevada)|Reno als auch in Las Vegas die Prostitution völlig verboten, [1] ist aber im Umfeld nach wie vor in einzelnen Bordellen erlaubt.

In den USA nimmt die New Burlesque den erotischen Aspekt des klassischen Varietétheaters in einer selbstironischen und weniger sexistischen Weise auf und ist in dem Sinne auch stärker auf ein gemischtes Publikum ausgerichtet. Jubilee! ist eine seit 1981 ursprünglich von Donn Arden produzierte Stripshow in Vegas die bis in die Gegenwart läuft (2013).

Die zugehörigen historischen Sammlungen werden bei der University of Nevada, Las Vegas und deren Special Collection aufbewahrt und wissenschaftlich dokumentiert.

Deutschsprachiger Raum

Der Begriff Varieté kam in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts für Bühnen der leichten Unterhaltung auf. In den größeren Städten bestanden zahlreiche Bühnen, die sich großer Beliebtheit erfreuten und bis etwa 1930 eine Blütezeit erlebten.

Das deutschsprachige Varieté verfügte über einen umfangreichen Austausch an Komikern zwischen den Städten Berlin, Wien und Budapest, das zur Zeit Österreich-Ungarns zu etwa vierzig Prozent deutschsprachig war. Vor allem aus Budapest stammten viele Komiker, die nach Wien und Berlin ausströmten. Umgekehrt war diese Verbindung weniger ausgeprägt. Bekannte Beispiele für diesen Austausch sind etwa das Budapester Orpheum, das 1889 in Wien gegründet wurde, oder etwa der Komiker Josef Modl (Sänger)|Josef Modl, der häufig in Budapest auftrat, wo ein politisch liberaleres Klima als im kaiserlich und von staatlicher Kontrolle und Obrigkeitshörigkeit geprägten Wien herrschte. In Berlin erlangten die Budapester Komiker Anton Herrnfeld|Anton und Donat Herrnfeld große Bekanntheit, die dort das Gebrüder Herrnfeld Theater betrieben. Eine in allen drei Städten bekannte Gruppe war die Klabriaspartie.[2]

Nach 1960 sank die Zahl der erhalten gebliebenen Varietés in Deutschland. Wie schon zuvor das Kino machte nun das Fernsehen zunehmend Konkurrenz. So war in der Bundesrepublik zuletzt nur noch das Hansa-Theater (Hamburg)|Hansa-Theater in Hamburg verblieben, das seine monatlich wechselnden klassischen Varieté-Programme konsequent mit dem Motto „Nie im Fernsehen“ bewarb. In der DDR bestanden hingegen einige Varietébühnen (Friedrichstadt-Palast Berlin, Steintor-Varieté Halle) unter staatlicher Regie weiter. Inspiriert durch das temporäre Varieté im neuen Theater Hoechst gründete 1988 Johnny Klinke in Frankfurt am Main den Tigerpalast.

In der Folge setzte eine Renaissance des Varietés ein, die zu zahlreichen Neugründungen führte.

Varietés im deutschsprachigen Raum

Deutschland

  • Bad Oeynhausen:
    • GOP-Varieté im Kaiserpalais
  • Berlin:
    • American-Theater (1869)
    • Apollo-Varieté
    • Chamäleon (Varieté)|Chamäleon (1991–2004, seit 2004 unter einem neuen Betreiber)
    • Scala (1920–1944)
    • Plaza (1920–1944)
    • Theatre Varieté (1866)
    • Walhalla (Varieté)|Walhalla (1856)
    • Friedrichstadt-Palast (seit 1947, zuvor seit 1945 als Palast-Varieté)
    • Scheinbar (Theater)|Scheinbar (seit 1984)
    • Wintergarten (1888–1945, 1945–1950 und seit 1992)
  • Bochum:
    • Varieté et cetera (seit 1992)
  • Bremen:
    • GOP-Varieté Bremen seit Sep. 2013
    • Astoria (Bremen)|Astoria (1908–1944, 1950–1967)
    • Teatro Magico (seit 2009, Nachfolger des Theaters Madame Lothár)
    • Theater Madame Lothár (1992–2008)
  • Dresden:
    • Café Prag
  • Chemnitz:
    • Varieté Mosella-Saal (1879)
  • Essen:
    • GOP Varieté Essen|GOP-Varieté (seit 1996)
  • Frankfurt am Main:
    • Albert-Schumann-Theater|Schumanntheater (1905 bis 1944)
    • Neues Theater Höchst (seit 1987)
    • Tigerpalast (seit 1988)
  • Halle (Saale):
    • Steintor-Varieté
  • Hamburg:
    • Hansa-Theater in Hamburg-St. Georg|St. Georg (1894–2001 und seit 2009)
    • Pulverfass Cabaret
    • ehemalige:
    • Civa-Varieté in Hamburg-St.-Pauli (bis 1943)
    • Rote Flora|Flora-Theater
    • Hammonia-Halle Besenbinderhof
    • Haus Vaterland (bis ca. 1964)
    • Kehrwieder Varieté in der Speicherstadt (2005–2007)
    • Köllisch-Varieté
    • Naucke’s Variété-Theater
  • Hannover:
    • Georgspalast, Stammhaus des GOP (1948–1962 und seit 1993)
    • Marlene (Variete)|Marlene
    • Rampenlicht Varieté (seit 1999)
    • Uhu-Theater
  • Kassel:
    • Starclub Varieté Kassel (seit 1996)
  • Köln:
    • Gertrudenhof (1853), später Circus Carré (1878), Reichshallen-Theater (1887)
    • Luisensaal (1879), später Cavalú
    • Kaiserhof (Köln)|Kaiserhof (1889–1940 und 1947)
    • Groß-Cöln, später Sartory-Säle
    • Tazzelwurm (Varieté)|Tazzelwurm (1946)
  • Leipzig:
    • Krystallpalast Varieté
  • München:
    • GOP Varieté-Theater München (seit 2008)
  • Münster (Westfalen)|Münster:
    • GOP-Varieté im Roland-Theater (seit 2005)
  • Rostock:
    • Kurhaus Varieté
  • Stuttgart:
    • Friedrichsbau (Stuttgart)|Friedrichsbau-Varieté (1898–1955 und seit 1994)
  • Trier:
    • Varieté Chat Noir am Trierer Kornmarkt_(Trier)|Kornmarkt (seit 2006)

Österreich

In Wien waren Varietés sowohl vom Namen her als auch rechtlich gesehen häufig als Singspielhallen bekannt.

  • Wien:
    • Apollo-Theater (Wien)|Apollo (bis 1929)
    • Budapester Orpheum (1889–1919), Taborstraße und Praterstraße
    • Femina (Revuebühne)|Femina (seit 1914)
    • Gartenbau (Varieté)|Gartenbau
    • Gloria-Theater (Wien)|Gloria Theater
    • Leicht (Varieté)|Leicht
    • Harmonietheater (1868–1872), später Danzers Orpheum (bis 1908), Wasagasse
    • Reklame (Varieté)|Reklame
    • Renz
    • Etablissement Ronacher|Ronacher (mit Unterbrechungen bis 1960)
    • Scala Wien
    • Schumann (Varieté)|Schumann (um 1914), Märzstraße
  • Linz:
    • Erstes Linzer Varietétheater Chamäleon

Schweiz

  • Basel: Küchlin-Theater, begründet durch Karl Küchlin

Literatur

  • Ernst Günther: Geschichte des Varietés. Taschenbuch der Künste. Henschel, Berlin 1981.
  • Wolfgang Jansen (Theaterwissenschaftler)|Wolfgang Jansen: Das Varieté, Die glanzvolle Geschichte einer unterhaltenden Kunst. Beiträge zu Theater, Film und Fernsehen aus dem Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin, Band 5. Hentrich, Berlin 1990, ISBN 3-926175-85-0.
  • Wolfgang Jansen: Varieté Heute, Das Handbuch. Kleine Schriften der Gesellschaft für unterhaltende Bühnenkunst, Band 2. Henschel, Berlin 1993, ISBN 3-89487-190-3.
  • Jens Schnauber: Die Arisierung der Scala und Plaza, Varieté und Dresdner Bank in der NS-Zeit. Kleine Schriften der Gesellschaft für unterhaltende Bühnenkunst, Band 8. Weidler, Berlin 2002, ISBN 3-89693-199-7.

Filmografie

  • 1925: Varieté (Film)|Varieté, deutscher Spielfilm, Regie: Ewald André Dupont, mit Emil Jannings und Lya de Putti
  • 1935: Varieté, französisch Variétés, französischer Spielfilm in französischer und deutscher Version, Regie: Nicolas Farkas, in der deutschen Version mit Hans Albers, Attila Hörbiger und Karl Etlinger (Schauspieler)|Karl Etlinger
  • 1991: Varieté, international preisgekrönter Kurzfilm, Regie: Thomas Frick, mit Volker Prechtel, Herbert Olschok und Steffi Kühnert

Nachweise

  1. Albert, Alexa, "Brothel. Mustang Ranch and its Women". Random House 2001. ISBN 0-375-50331-5
  2. Georg Wacks: Die Budapester Orpheumgesellschaft. Ein Varieté in Wien 1889–1919. Verlag Holzhausen, Wien 2002, ISBN 3-85493-054-2, S. 1–11