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János Bartl: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Bild:Rosa-Schlusseffekt.jpg|thumb|150px|Rosa Barlt mit dem „Schlusseffekt“, um 1950, Archiv Birgit Bartl-Engelhardt]] | |||
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'''Janós Bartl''' (* [[13. April]] [[1878]] in Nagy Belskerek/ ehem. Ungarn; † [[27. September]] [[1958]] in Hamburg) war ein deutscher Zauberkünstler, Hersteller von Zauberrequisiten und Zauberhändler in Hamburg. | |||
== Leben/Wirken == | |||
Der 1878 geborene Bartl wuchs im damaligen Ungarn (heutiges Serbien) auf und erlernte nach der Schulzeit (Volksschule und Gymnasium) das Buchbinderhandwerk. Der Tradition folgend machte er sich anschließend auf die Wanderschaft, seine Fertigkeiten in anderen Werkstätten zu vervollkommnen. | |||
1902 war er erstmals in Hamburg gemeldet, wechselte aber dann ein Jahr später nach Berlin. Inzwischen hatte er seine beruflichen Kenntnisse um die des Buchbindervergolders erweitert. Während dieser Zeit muss er bereits Kontakt zur Zauberzunft gehabt haben. | |||
Der junge Janós lebte bis zum Jahr 1910 in Berlin und besuchte während dieser Zeit „[[Conradi Horster|Horsters Akademie für magische Kunst]]“ in der Friedrichstraße. | |||
Ab 1909 wagte er den Sprung ins Profilager. János Bartl nannte sich nun „Aradi“. Vermutungen, dass er mit dieser Namenswahl seine Anerkennung und die Nähe seines eigenen Stiles zu dem von „CONradi“ zum Ausdruck bringen wollte, sind jedoch nicht zutreffend. | |||
Bei einem Besuch des gerade neu eröffneten Kölner Geschäftes „Zauberkönig“ im Dezember 1909 verliebte sich Janós in ''[[Rosa Bartl|Rosa Leichtmann]]'' (*17. Juli 1884). Sie war die zweitälteste von vier Töchtern von Josef Leichtmann und dessen Ehefrau Leonia, die gemeinsam kurz zuvor das Zaubergeschäft eröffnet hatten, und das später von Rosas Schwester [[Melanie Leichtmann|Melanie]] (10. Mai 1887 bis 20. April 1962) weitergeführt wurde.<ref>Bericht in der Magischen Welt, Heft 2, 2008, S. 102 ff</ref> | |||
Die Familie Bartl war gut befreundet mit dem Zauberkünstler [[Erwin Frankoni]].<ref>[[Birgit Bartl-Engelhardt]]: ''Die Bartl-Chronik'', 1910–1998, Seite 143</ref> | |||
== Die Zauberkönige == | |||
Ein paar Jahre zuvor hatte [[Josef Leichtmann]] der Überlieferung nach bereits den „Zauberkönig“ in München (1884, am Stachus) und fast gleichzeitig den „Zauberkönig“ in Berlin gegründet (ebenfalls 1884, Friedrichstraße 54). In München übernahm später die jüngste Leichtmanntochter [[Leonie Leichtmann|Leonie]] (1. Dezember 1897 bis Dezember 1968) das Geschäft; den Berliner „Zauberkönig“ führte deren Schwester Charlotte (4. Mai 1882 bis 31. Januar 1943). Rosa half vor ihrer „Blitzhochzeit“ ihrer Schwester Melanie im Kölner Geschäft. | |||
== Bartls Akademie == | |||
Bereits 3 Monate nach ihrem Kennenlernen heirateten János und Rosa in London. Aus der Ehe gingen die Kinder Hans und Elly hervor. 1910 zog das frisch vermählte Paar für ein paar Monate nach Aachen, aber schon im Herbst wurden die zwei in Hamburg sesshaft. Ihre Adresse lautete: Colonnaden 5. Hier tauchte zum ersten Mal der Name „Bartls Akademie für moderne magische Kunst“ auf. | |||
Nur ein paar Schritte von den Colonnaden entfernt eröffneten kurz darauf János und Rosa Bartl auf dem Neuen Jungfernstieg 1 ihr Zaubergeschäft, das schon bald Weltruhm erlangen sollte. Das imposante Eckhaus in bester Geschäftslage wurde in mehreren Bartl-Katalogen immer wieder gern abgebildet. Auch, als es schon längst nicht mehr Sitz des Bartl-Reiches war. | |||
Der erste Weltkrieg (1914–1918) machte es dem Bartl-Unternehmen schwer. Während János 4 Jahre in englischer Kriegsgefangenschaft verbrachte, führte Rosa das Geschäft allein weiter. | |||
== Bartl und Willmann == | |||
1919 schlossen sich Bartl und der damals bereits sehr bekannte [[Carl Willmann]] zusammen. Sie firmierten fortan unter „Vereinigte Zauberapparate-Fabrik Bartl & Willmann“. Nach 5 Jahren jedoch gingen beide wieder getrennte Wege.<ref>Siehe Willmann-Interview in [[Magische Welt]], 1982, Heft 1, S. 11 ff</ref> | |||
1930 wurde das riesige Eckhaus abgerissen, und die Firma Bartl musste umziehen. Unweit des alten Firmensitzes lautete die neue Anschrift ab dem Herbst des selben Jahres: Jungfernstieg 24. | |||
== Zauberzentrum János Bartl == | |||
[[Datei:BartlPlakat.jpg|miniatur|links|Seltenes Werbeplakat Janos Bartl]] | |||
Erstaunlicherweise hat die Firma Bartl den 2. Weltkrieg recht gut überstanden, obwohl Rosa Bartl Jüdin war. | |||
1948 soll Rosa die neue Firmierung kreiert haben: „Zauberzentrum János Bartl“. | |||
1952 zog die Firma abermals um, in einen ehemaligen Luftschutzbunker, Neuer Jungfernstieg Nr. 22. | |||
Am 27. September 1958 starb János Bartl im Alter von 80 Jahren an Herzschlag. Rosa führte das Geschäft allein weiter. | |||
== Ära Rosa Bartl == | |||
1961 erhielt Rosa Bartl von der Stadt Hamburg, welche die Eigentümerin des Bunkers war, die Kündigung. Der Bunker sollte im Zuge einer Alsterufer-Verschönerung abgerissen werden. Da für 1963 die internationale Gartenbauausstellung geplant war, räumte man Frau Bartl, die versuchte, sich gegen die rechtmäßige aber kurzfristige Kündigung zu wehren, keinen längeren Aufschub ein. Im September 1961 verließ Rosa Bartl den Bunker und zog mit ihrem Geschäft in ihr Privathaus in der Warburgstraße 47. Dieses Haus war ein mit viel Efeu bewachsenes, kleines „Hexenhaus“, in dem sie in der oberen Etage eine Verkaufsklause einrichtete. Gesundheitsbedingt entschied sich Rosa Bartl im Jahre 1968 zur Geschäftsabgabe und suchte in Kleinanzeigen und Pressemitteilungen (u. a. in der Künstlerzeitschrift Das [[Organ]]) nach einem Käufer für ihr inzwischen arg geschrumpftes Unternehmen. Sie verkaufte es per Vertrag vom 13. August 1968 an den 35jährigen [[Carl-Gerd Heubes]]. | |||
Am 23. September 1968 starb Rosa Bartl in einem Hamburger Krankenhaus. | |||
Die Ära „Bartl“ war zu Ende. Das "Zauberzentrum Janos Bartl" wurde von Carl-Gerd Heubes und seiner Frau Inge noch bis 1998 an verschiedenen Standorten weitergeführt und war einer der grössten Zauberversandhändler in Deutschland. Der Folgebesitzer [[Patrick Ebeling]] musste im Jahr 2001 Insolvenz anmelden. Die Marke "Zauber-Bartl" befindet sich noch in seinem Besitz.<ref>Magische Welt, Heft 1, 2002, S. 386</ref> | |||
1968, kurz vor Rosa Bartls Tod, strahlte das WDR-Fernsehen einen 10 Minuten langen Bericht über die Zauberkunst innerhalb der Sendung „Bitte umblättern“aus. Den Aufmacher bildete ein Besuch in Rosa Bartls Zauberklause, in der die alte Dame die Wassertüte und das Cobra Cobra-Seil vorführte. Sie finden diesen Mitschnitt auf der mw-Webseite. | |||
== Bekannte Bartl-Kunststücke == | |||
* [[Silk Wonder]] und Silkwonder-Perfekt (Nr. 4775) | |||
* ''Mortetti'', der schwebende Totenkopf (Nr. 4767) | |||
* ''Cobra Cobra'', das Seil, das man mehrmals zerschneiden und wieder restaurieren konnte (Nr. 4774) | |||
* Kartensteiger ''Perpetuum Mobile'' (Nr. 4772) | |||
== | == Bartl-Kataloge == | ||
* [[Janos Bartl Katalog 1929]] | |||
* [[Janos Bartl Katalog 1930]] | |||
* [[Janos Bartl Katalog 1940]] | |||
* [[Janos Bartl Katalog 1950]] | |||
* [[Janos Bartl Katalog 1951]] | |||
* [[Janos Bartl Katalog 1960]] | |||
== Quellen == | |||
* [[Die Bartl-Chronik]] · 1910–1998'', 224 Seiten, ISBN 978-3-947289-23-3 | |||
* [[Die Leichtmann-Chronik]], 100 Seiten, ISBN 978-3947289-28-8 | |||
== Weblinks == | |||
* [http://www.youtube.com/watch?v=sMFg57Di50U Rosa Bartl] | |||
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Aktuelle Version vom 17. Juli 2024, 07:50 Uhr
Janós Bartl (* 13. April 1878 in Nagy Belskerek/ ehem. Ungarn; † 27. September 1958 in Hamburg) war ein deutscher Zauberkünstler, Hersteller von Zauberrequisiten und Zauberhändler in Hamburg.
Leben/Wirken
Der 1878 geborene Bartl wuchs im damaligen Ungarn (heutiges Serbien) auf und erlernte nach der Schulzeit (Volksschule und Gymnasium) das Buchbinderhandwerk. Der Tradition folgend machte er sich anschließend auf die Wanderschaft, seine Fertigkeiten in anderen Werkstätten zu vervollkommnen.
1902 war er erstmals in Hamburg gemeldet, wechselte aber dann ein Jahr später nach Berlin. Inzwischen hatte er seine beruflichen Kenntnisse um die des Buchbindervergolders erweitert. Während dieser Zeit muss er bereits Kontakt zur Zauberzunft gehabt haben.
Der junge Janós lebte bis zum Jahr 1910 in Berlin und besuchte während dieser Zeit „Horsters Akademie für magische Kunst“ in der Friedrichstraße.
Ab 1909 wagte er den Sprung ins Profilager. János Bartl nannte sich nun „Aradi“. Vermutungen, dass er mit dieser Namenswahl seine Anerkennung und die Nähe seines eigenen Stiles zu dem von „CONradi“ zum Ausdruck bringen wollte, sind jedoch nicht zutreffend.
Bei einem Besuch des gerade neu eröffneten Kölner Geschäftes „Zauberkönig“ im Dezember 1909 verliebte sich Janós in Rosa Leichtmann (*17. Juli 1884). Sie war die zweitälteste von vier Töchtern von Josef Leichtmann und dessen Ehefrau Leonia, die gemeinsam kurz zuvor das Zaubergeschäft eröffnet hatten, und das später von Rosas Schwester Melanie (10. Mai 1887 bis 20. April 1962) weitergeführt wurde.[1]
Die Familie Bartl war gut befreundet mit dem Zauberkünstler Erwin Frankoni.[2]
Die Zauberkönige
Ein paar Jahre zuvor hatte Josef Leichtmann der Überlieferung nach bereits den „Zauberkönig“ in München (1884, am Stachus) und fast gleichzeitig den „Zauberkönig“ in Berlin gegründet (ebenfalls 1884, Friedrichstraße 54). In München übernahm später die jüngste Leichtmanntochter Leonie (1. Dezember 1897 bis Dezember 1968) das Geschäft; den Berliner „Zauberkönig“ führte deren Schwester Charlotte (4. Mai 1882 bis 31. Januar 1943). Rosa half vor ihrer „Blitzhochzeit“ ihrer Schwester Melanie im Kölner Geschäft.
Bartls Akademie
Bereits 3 Monate nach ihrem Kennenlernen heirateten János und Rosa in London. Aus der Ehe gingen die Kinder Hans und Elly hervor. 1910 zog das frisch vermählte Paar für ein paar Monate nach Aachen, aber schon im Herbst wurden die zwei in Hamburg sesshaft. Ihre Adresse lautete: Colonnaden 5. Hier tauchte zum ersten Mal der Name „Bartls Akademie für moderne magische Kunst“ auf.
Nur ein paar Schritte von den Colonnaden entfernt eröffneten kurz darauf János und Rosa Bartl auf dem Neuen Jungfernstieg 1 ihr Zaubergeschäft, das schon bald Weltruhm erlangen sollte. Das imposante Eckhaus in bester Geschäftslage wurde in mehreren Bartl-Katalogen immer wieder gern abgebildet. Auch, als es schon längst nicht mehr Sitz des Bartl-Reiches war.
Der erste Weltkrieg (1914–1918) machte es dem Bartl-Unternehmen schwer. Während János 4 Jahre in englischer Kriegsgefangenschaft verbrachte, führte Rosa das Geschäft allein weiter.
Bartl und Willmann
1919 schlossen sich Bartl und der damals bereits sehr bekannte Carl Willmann zusammen. Sie firmierten fortan unter „Vereinigte Zauberapparate-Fabrik Bartl & Willmann“. Nach 5 Jahren jedoch gingen beide wieder getrennte Wege.[3] 1930 wurde das riesige Eckhaus abgerissen, und die Firma Bartl musste umziehen. Unweit des alten Firmensitzes lautete die neue Anschrift ab dem Herbst des selben Jahres: Jungfernstieg 24.
Zauberzentrum János Bartl
Erstaunlicherweise hat die Firma Bartl den 2. Weltkrieg recht gut überstanden, obwohl Rosa Bartl Jüdin war.
1948 soll Rosa die neue Firmierung kreiert haben: „Zauberzentrum János Bartl“.
1952 zog die Firma abermals um, in einen ehemaligen Luftschutzbunker, Neuer Jungfernstieg Nr. 22.
Am 27. September 1958 starb János Bartl im Alter von 80 Jahren an Herzschlag. Rosa führte das Geschäft allein weiter.
Ära Rosa Bartl
1961 erhielt Rosa Bartl von der Stadt Hamburg, welche die Eigentümerin des Bunkers war, die Kündigung. Der Bunker sollte im Zuge einer Alsterufer-Verschönerung abgerissen werden. Da für 1963 die internationale Gartenbauausstellung geplant war, räumte man Frau Bartl, die versuchte, sich gegen die rechtmäßige aber kurzfristige Kündigung zu wehren, keinen längeren Aufschub ein. Im September 1961 verließ Rosa Bartl den Bunker und zog mit ihrem Geschäft in ihr Privathaus in der Warburgstraße 47. Dieses Haus war ein mit viel Efeu bewachsenes, kleines „Hexenhaus“, in dem sie in der oberen Etage eine Verkaufsklause einrichtete. Gesundheitsbedingt entschied sich Rosa Bartl im Jahre 1968 zur Geschäftsabgabe und suchte in Kleinanzeigen und Pressemitteilungen (u. a. in der Künstlerzeitschrift Das Organ) nach einem Käufer für ihr inzwischen arg geschrumpftes Unternehmen. Sie verkaufte es per Vertrag vom 13. August 1968 an den 35jährigen Carl-Gerd Heubes.
Am 23. September 1968 starb Rosa Bartl in einem Hamburger Krankenhaus.
Die Ära „Bartl“ war zu Ende. Das "Zauberzentrum Janos Bartl" wurde von Carl-Gerd Heubes und seiner Frau Inge noch bis 1998 an verschiedenen Standorten weitergeführt und war einer der grössten Zauberversandhändler in Deutschland. Der Folgebesitzer Patrick Ebeling musste im Jahr 2001 Insolvenz anmelden. Die Marke "Zauber-Bartl" befindet sich noch in seinem Besitz.[4]
1968, kurz vor Rosa Bartls Tod, strahlte das WDR-Fernsehen einen 10 Minuten langen Bericht über die Zauberkunst innerhalb der Sendung „Bitte umblättern“aus. Den Aufmacher bildete ein Besuch in Rosa Bartls Zauberklause, in der die alte Dame die Wassertüte und das Cobra Cobra-Seil vorführte. Sie finden diesen Mitschnitt auf der mw-Webseite.
Bekannte Bartl-Kunststücke
- Silk Wonder und Silkwonder-Perfekt (Nr. 4775)
- Mortetti, der schwebende Totenkopf (Nr. 4767)
- Cobra Cobra, das Seil, das man mehrmals zerschneiden und wieder restaurieren konnte (Nr. 4774)
- Kartensteiger Perpetuum Mobile (Nr. 4772)
Bartl-Kataloge
- Janos Bartl Katalog 1929
- Janos Bartl Katalog 1930
- Janos Bartl Katalog 1940
- Janos Bartl Katalog 1950
- Janos Bartl Katalog 1951
- Janos Bartl Katalog 1960
Quellen
- Die Bartl-Chronik · 1910–1998, 224 Seiten, ISBN 978-3-947289-23-3
- Die Leichtmann-Chronik, 100 Seiten, ISBN 978-3947289-28-8
Weblinks
Nachweise
- ↑ Bericht in der Magischen Welt, Heft 2, 2008, S. 102 ff
- ↑ Birgit Bartl-Engelhardt: Die Bartl-Chronik, 1910–1998, Seite 143
- ↑ Siehe Willmann-Interview in Magische Welt, 1982, Heft 1, S. 11 ff
- ↑ Magische Welt, Heft 1, 2002, S. 386