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Michaelis Hermann

Aus Zauber-Pedia
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Michaelis Hermann (* 1. Mai 1835[1] in Krosnowice[2], Thorne[3], heute Polen; † 13. Februar 1901 in Berlin) war ein deutscher Zauberkünstler und Erfinder.

Leben

Ur­sprüng­lich sollte Michaelis Hermann Kaufmann werden, aber schon in früher Jugend begeisterte er sich für die Zauberkunst. Später erwählte er sie zu seinem Beruf.

In Berlin eröffnete er eine Handlung mit Zau­ber­ap­pa­raten, die er an die bedeutendsten Künstler seiner Zeit lieferte. Hermann war ein populärer Zauber­­­künstler, der in Privatkreisen Ber­lins und dessen Umgebung auftrat. Er unterhielt sogar den späteren 99-Tage-Kaiser Friedrich III. (1831–1888), der sehr gebildet war und ein lebhaftes Interesse für die wissenschaftlichen und künstlerischen Be­stre­bungen der Zeit zeigte. Carl Willmann aus Hamburg hob in seinem Nachruf in „Die Zau­berwelt“ hervor[4], dass Hermann einen gu­ten Ruf genoss und ein tüchtiger Hand­künst­ler war. Außerdem schätzte Willman ihn als auf­­richtigen Geschäftsfreund und als Mit­ar­bei­ter seiner Zeitschrift „Zauberwelt“. [5]

Kreationen

Um 1888 erfand Hermann eine wirkungsvolle, noch heute vorgeführte Bühnenillusion, die unter dem Namen „Stroubeika“ in der Fachliteratur[6] angeführt ist.

Assistent wird auf ein Brett angekettet, das in einem Ka­binett liegt. Dort verschwindet er und erscheint an irgendeinem Ort wieder. Ein viel­­fältig anwendbares Trick-Prinzip!

Das erste Modell verkaufte Hermann 1888 über die Pinauds an den französischen Film­pionier und Amateurzauberkünstler Georges Méliès, der von 1888–1924 Eigentümer des Théâtre Robert-Houdin war. Sein zweites Mo­dell zeigte er mit einem solch großem Erfolg in Berlin, dass sofort eine Reihe von Zauber­künstlern diese Illusion kauften.

Carl Hertz führte diese Illusion als erster 1890 in Eng­land und 1892 in Australien vor. In den USA verblüffte der Marionettenspieler Schwie­ger­ling zum ersten Male die New Yorker Zu­schauer mit „Stroubeika“ und nach ihm, im Dezember 1890, auch Alexander Herrmann. 1891 wurde diese Illusion zum ersten Male von H.J. Burlingame in seinem Buch „Leaves from Conjurer’s Scrap Books“ erklärt, und sie ist später in vielen bedeutenden Büchern zu finden.

In dem Conradi-Horster Katalog[7] aus dem Jahre 1905 heißt diese Illusion „Stroubaika, oder die Entfesslung der Simonsbanden“. Sie kostet damals 300 Mark. Conradi Horster be­schreibt den folgenden Effekt: „Ein Herr wird am Hals, beiden Händen und Füssen mit Hilfe von Eisenkrammen fest auf einem Brett angeschlossen. Er verschwindet und erscheint mitten Publikum wieder. Auf dem Brett jedoch findet man eine Dame angeschlossen liegen! Horster schreibt weiter: „...Das hierbei angewandte Prinzip ist total neu und übertrifft an Effekt alles bis jetzt hierin Dagewesene...“. Eine Variation dieser Illusion wird im „Zauberkatalog Bartl“ angeboten. (Olms, Zürich 1983, Nach­druck der Ausgabe Hamburg o. J. [um 1920], Seite 267.) Dort wird sie als „Nr. 2811 Eine geisterhafte Entfesslung“ angeboten.

Publikationen

Unter dem Namen „Moritz Hermann“ schrieb Hermann zwei Bücher[8]: „Die Geheimnisse der Falschspieler“ Berlin, Eckstein 1900, 64 Seiten. In diesem Buch deckt er Tricks der Spieler auf und erklärt einige Kartengriffe. Volkmann und Tummers merken hier an, daß Moritz Hermann ein geschickter professioneller Zauberkünstler in Berlin war. In dem zweiten Buch mit dem Titel „Moderne Salonzaubereien zur Un­­ter­haltung in Gesellschaftskreisen“ (Berlin, Mode 1900, 118 Seiten), mit Illu­stra­tionen beschreibt Hermann einfache Salon­kunst­stücke mit kleinen Objekten. Volkmann und Tummers meinen, daß die Auswahl und die Beschreibungen einen sachkundigen Vor­füh­ren­den zeigen.

Moderne Salon-Zaubereien, 1900

Diese Meinung wird auch durch die folgende Abhandlung von Max Dessoir bestätigt: „Eine ganz tolle Sache mit dem Taler ...“

Max Dessoir[9] schrieb die folgenden be­mer­­kens­­­werten, genauen Beobachtungen und Erläuterungen zum Thema „Zur Psychologie der Taschenspielerkunst“, wie ich sie in Fach­büchern der Zauberkunst in jener Zeit nicht finde! Erstaunlich modern!

Zitat „...Indessen, das Haupt­ge­heimnis besteht darin, die Vorstellungen der An­we­sen­den in solch eine Bahn zu lenken, daß die Ent­wicklung des Kunststücks für den Augen­blick als natürliches Ergebnis der künst­lich untergeschobenen Ursachen er­scheint. Es handelt sich beispielsweise um das bekannte Verschwinden eines Talers. Die Vorschrift lautet: man halte das Geld­stück zwischen Daumen und Mittel­finger der linken Hand, ergreife es dann scheinbar mit der rechten Hand, schließe diese und zeige sie dann dem Publikum, wider dessen Er­warten, als leer. Der ganze Kniff besteht darin, dass in dem Augenblick, wo die rechte Hand zugreift, der Taler, von den zwei ihn haltenden Fingern losgelassen, in die linke Handhöhle zurückfällt und dort verborgen bleibt.

Aber man muss diese recht simple Ge­schich­te von dem verstorbenen M. Hermann ausgeführt sehen[10]!

Hermann nahm zunächst den Taler und warf ihn zu wiederholten Malen auf die Holzfläche des Tisches, um, wie er sagte, zu beweisen, daß wir es mit einem einfachen harten Taler zu tun haben. In Wirklichkeit rief er damit einmal willkürlich in jedem die Vorstellung wach, daß ein Ding, das solch einen Lärm macht, doch unmöglich lautlos verschwinden könne, eine Vorstellung, die den Eindruck des Tricks bedeutend erhöhte, und zweitens betäubte und verwirrte der fortschwingende helle Klang die Umstehenden dermaßen, daß sie in einer halben Hypnose den weiteren Vorgängen folgten.

Nun nahm Hermann den Taler in die linke Hand, sah mit prüfendem Blick auf die rechte, als ob es auf die in der Hauptsache ankäme – und griff dann zu. Aber dieser Griff hatte etwas so Überzeugendes, daß man darauf schwören konnte, die rechte Hand hätte den Taler gefaßt und hielte ihn umschlossen; die Stellung der Finger war dem vorgegebenen Tatbestand auf das natürlichste angepaßt. –

Kaum war der Griff geschehen, so ging sofort die Rechte zur Seite, und das Mitgehen des Kopfes, der Blick der Augen, zwangen die Anwesenden förmlich, dieser Hand zu folgen. Die Linke hatte sich inzwischen dem Körper zugewendet und wies mit den zwei ersten Fingern auf die rechte Hand, während die beiden anderen Finger den nach oben vom Daumen gedeckten Taler durchaus unauffällig hielten. Wenn durch solche Stufung und besonders durch den Vortrag des immerwährend redenden Künstlers die ganze Aufmerksamkeit auf die rechte Hand gesammelt war, und jeder sich vornahm, jetzt einmal recht genau aufzupassen, wie wohl der Taler aus der Faust verschwinden sollte, machte Hermann eine kleine Ruckbewegungen mit den Fingern[11], die diese immer mehr von der Maus wegzogen, und sagte dabei, anscheinend selbst auf das höchste für das merkwürdige Phänomen interessiert: “Sehen Sie, meine Herrschaften, wie der Taler immer kleiner wird, immer kleiner – und jetzt, sehen Sie, ist er ganz verschwunden.” Dabei öffnete er die Finger völlig, die Gestalt, die bisher ganz in Betrachtung der Wunderhand versunken war, richtete sich auf, und die blitzenden Augen schienen auszudrücken: es sei doch eigentlich eine ganz tolle Sache mit dem Taler ...”.

Patent

  • Schaustellungsapparat für Zau­ber­­­künstler“ vom 18. Januar 1890[12]

Quellen

Nachweise

  1. Nach Carl Willmanns „Zauberwelt“, 7.Jahrg., Heft 3, 1901: Geburtsjahr 1840.
  2. nach Whaley 1990.
  3. nach Willmann 1901.
  4. s. Willmann 1901.
  5. Ully Loup in: Magische Welt, Heft, 2001 Seiten 78-79
  6. Bart Whaley: „Who’s Who in Magic“ 1990, p. 158 und Bart Whaley: „Encyclopedic Dictionary of Magic“ 1989, 2000.
  7. Friedrich Wilhelm Conrad Horster: „Zauberkataloge, Berlin 1904-1907“, Hauptpreisliste S.86, Hubers Magisches Repositorium, 1984.
  8. Volkmann/Tummers „Bibliographie de la Prestidigitation“, Tome I, Allemange et Autriche, Bruxelles 1952, S. 88.
  9. Prof. Max Dessoir „Vom Jenseits der Seele – Geheimwissenschaften in kritischer Betrachtung”, Nachdruck von 1967 der sechsten Auflage (1930), „Paraphysik/ II. Theoretisch/ 4. Zur Psychologie der Taschenspielerkunst“, S. 356 und 357.
  10. In Klinckowstroem, Carl Graf von: Die Zau­berkunst, Heimeran, München 1954 steht auf Seite 17 jene Passage in folgender Form, die für diesen Artikel bedeutend ist, und die sich wertend auf den Vorführenden bezieht! „...Und nun sehe man diese recht simple Geschichte von einem Künstler ersten Ranges [sic!], wie Herrn M. Hermann ausgeführt!“ Von Klinckowstroem wahrscheinlich aus einer früheren Auflage des Buches von Dessoir zitiert. [19171], [19182] ?
  11. Parallele zum Topas Seminar; siehe Topas: Präsentation Secrets, 2000, Seite 9ff. „The Clic Technique“.
  12. Magische Welt, Heft 2, 2001, Seite 78-79